Dessert in Serie | Cigar Newsletter abonnieren
Cigar 2/2019

Dessert in Serie

Text: Sarah Kohler Fotos: Ett la Benn / White Kitchen Berlin
Die Kreationen von Spitzenkoch René Frank basieren allesamt auf den Techniken der Patisserie. Wer in seinem Restaurant Coda in Berlin nun aber ein durchwegs süsses Menü erwartet, liegt daneben. Zum Glück.
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Raffinierter Zucker kommt René Frank nicht in die Küche, da macht der Sternekoch keine Kompromisse. Stattdessen setzen er und sein Team auf die natürliche Süsse, die sie aus Gemüsen und Früchten gewinnen. Das ist an sich bereits bemerkenswert. Noch eindrücklicher macht das Ganze allerdings die Tatsache, dass Frank in Berlin Deutschlands erstes und einziges Dessertrestaurant betreibt. In seinem Coda basieren sämtliche Gerichte des standardmässig siebengängigen Menüs auf den Techniken der Patisserie und sind von Nachspeisen aus aller Welt inspiriert.

So unkonventionell die Idee erscheint: Sie kommt nicht von ungefähr. Frank, 1984 im Allgäu geboren, ist nicht nur gelernter Koch mit einem auffälligen Talent für die Patisserie, sondern beweist seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn auch den Ehrgeiz und den Biss, den es braucht, um sich mit einem so eigenständigen Konzept einen Namen zu machen. Bereits ein Jahr nach dem Lehrabschluss gewann er an den World-Skills-Berufsweltmeisterschaften in Helsinki die Goldmedaille. In der Folge entschied er etliche Kochwettbewerbe für sich und führte ihn seine Karriere in die besten Häuser der Welt: ins Restaurant Georges Blanc in Frankreich etwa oder ins Akelarre im spanischen Baskenland. Zudem studierte Frank an der Alain Ducasse Formation in Paris sowie am Culinary Institute of America in New York und Napa. Bevor er 2016 gemeinsam mit Oliver Bischoff das Restaurant Coda eröffnete, war er sechs Jahre als Chefpatissier im Drei-Sterne-Lokal La Vie in Osnabrück bei Thomas Bühner tätig gewesen.

Nun, da Frank selbst der Chef ist, geht er seinen Weg fernab von ausgetretenen Pfaden und kreiert Menüs aus Desserts, die Grenzen ausloten. Dabei setzt er konsequent auf frische, eigenhändig verarbeitete Zutaten. Frank kombiniert Produkte, ohne einen Ansatz von Berührungsangst zu zeigen. Und er schafft es, die Gerichte in ihrer Komplexität zugänglich bleiben zu lassen.

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Ein paar Beispiele gefällig? Bei unserem Besuch in Berlin komponiert Frank ein Gericht aus eingeweckten Zwetschgen, Walnuss und der aromatisch an Speck erinnernden Dulse-Alge mit etwas Kokosnussnektar. Den Elstar-Apfel brät er auf dem Holzkohlegrill und richtet ihn mit Schalottenconfit, Sultaninen, Haferkeks und Rauchsalzmousse an. Die Petersilienwurzel setzt er als Chip, Glace, Öl und Crème in Szene, angereichert mit Kokosnussmilch, gerösteten Pistazien, schwarzem Knoblauch und Limette: schlicht sensationell. Ebenso kommt Franks Interpretation von Raclette daher: Der Spitzenpatissier bringt den Käse in Form einer Maismehlwaffel auf den Teller und verpasst ihm mit etwas Joghurt und Puder von der Salzgurke einen veritablen Frischekick. Dazu gibts Straight Rye Whiskey von der Feinbrennerei Sasse, den Frank raffiniert ins Mandarinensorbet verpackt, damit dieses, wie er es nennt, «nicht nach Kindergeburtstag schmeckt».

Denn das ist ebenso Konzept im Coda: Zu jedem Gericht gibts einen Pairing Drink – eine zusätzliche Geschmackskomponente sozusagen, im 30-Milliliter-Format, mit Vorliebe hochprozentig. Und auch hier gilt: Frank versteht sich als Handwerker mit Manufaktur-Philosophie. Vom Ginger Beer über Infusionen bis zu Kefir und Kombucha stellen er und sein Team alles selber her. Besonders stolz ist der experimentierfreudige Patissier in Sachen Schokolade: «Die machen wir ebenfalls selbst», sagt Frank und lädt in die offene Küche. «Bean to plate», so laute das Motto, erzählt der Küchenchef, der die Eigenproduktion von Schokolade für eine Dessertbar, wie sie das Coda ist, fast schon als zwingend erachtet: «Das liegt eigentlich auf der Hand.» Im Coda wird allerdings selbst das Offensichtliche gern auf die Spitze getrieben – beispielsweise in Form einer 100-prozentigen Schokolade. Apropos: Schokolade ist bei unserem Besuch im Coda denn auch das Schlüsselelement des letzten Gerichts – des Desserts der Desserts sozusagen. René Frank kombiniert dafür Trinitario-Kakao mit Reis sowie Katsuobushi, also getrockneten Bonitoflocken. Dazu reicht er etwas Sake Dewazakura Ginjo aus der Yamagata-Präfektur.

Der enge Bezug zu Japan schlägt in Franks Küche immer mal wieder durch. 2008 bereiste er das Land der aufgehenden Sonne und arbeitete dort in verschiedenen Sterne-Restaurants. Dabei habe er nicht nur die vielfältigen Schnitttechniken erlernt, sondern auch eine Menge über die Geschmacksrichtung umami erfahren, erzählt Frank. «Umami ist für mich ein Riesenthema, und in meinen Menüs sollen alle fünf Geschmäcker im Gleichgewicht sein», betont der Spitzenpatissier und schiebt nach: «Niemand soll nach einem Besuch im Coda das Gefühl haben, er brauche jetzt eine Currywurst.» Eine Zigarre indes ist im Anschluss an den Siebengänger mit Sicherheit eine gute Idee.

DIE FÜNF BESTEN CIGAR-LOUNGES DER STADT – AUSGEWÄHLT VON ZIGARRENSOMMELIER MATTHIAS MARTENS

Das Urgestein in Charlottenburg

Im Casa del Habano in der Fasanenstrasse, integriert ins altehrwürdige Savoy Hotel, findet man in der Times Bar eine grandiose Auswahl kubanischer Zigarren und ab der frühen Mittagsstunde einen guten Service sowie Empfehlungen rund um den blauen Dunst.
Casa del Habano, Fasanenstrasse 9–10, DE-10623 Berlin, +49 (0)30 3110 3646, www.casa-del-habano.de

Hipsterfreie Zone in Mitte
Bei Krøhan & Bress im Mitte-Quartier findet man trotz direkter Nähe zum Hipster-Epizentrum eine feine Auswahl an Zigarren. Man kann in Ruhe rauchen, sich in der Lounge bei ausgewählten Getränken entspannen und den Abstand zum Trubel geniessen.
Krøhan & Bress Smoker’s Lounge, Ackerstrasse 145, DE-10115 Berlin, +49 (0)30 3087 4892, www.kroehanbress.de

Newest, latest, freshest in Wilmersdorf
Kürzlich renoviert und vom neuen Inhaber Thorsten Reich auf Kurs gebracht, ist diese Lounge für Liebhaber von klassischen Preziosen und neuen Marken ein Muss. Freunde von Spirituosen und Wein kommen ebenso auf ihre Kosten.
Miguel Private Cigars, Berliner Strasse 1, DE-10715 Berlin, +49 (0)30 7565 0803, www.privatecigars.net

Kuba pur in Frohnau
Bei Hemmy’s in Berlin-Frohnau, im gepflegten Norden der Hauptstadt, gibt es kubanische und andere Zigarren, eine grosse Auswahl an Spirituosen sowie regelmässige Veranstaltungen vom Chef persönlich. Nicht sehr zentral, aber dennoch eine Reise wert.
Hemmy’s, Welfenallee 6, DE-13465 Berlin, +49 (0)30 4010 7774, www.hemmys.de

Die besten Cocktails der Stadt
Die Bar vom The Grand am Alexanderplatz ist ein Refugium für Aficionados und Feinschmecker, inklusive Restaurant, Cocktailbar und Zigarrenlounge mit kubanisch sortiertem Humidor. Die Cocktailkarte lässt kein Auge trocken und der Innenhof lädt ebenso zum Rauchen ein.
The Grand, Hirtenstrasse 4, DE-10178 Berlin, +49 (0)30 278 909 95 10, www.the-grand-berlin.com