Big Smoke
Eine Hommage an den Genuss
Sie lassen sich extrem viel Zeit beim Anzünden Ihrer Zigarre.
Willi Knopf: Stimmt. Ich möchte, dass der erste Zug perfekt ist. Und das klappt nur, wenn die Zigarre komplett sauber brennt, mit einer schönen weissen Asche. Der erste Eindruck zählt, eine zweite Chance gibt es nicht.
Was bedeuten Ihnen Zigarren?
Ich rauche, seit ich 19 Jahre alt bin. Und wenn ich so zurückschaue, muss man sagen, war die Zigarre in meinem Leben sehr dominant. Ob Urlaub, Kurztrip oder Restaurantaufenthalt, immer war für mich die Voraussetzung, dass ich Zigarren rauchen kann. Früher war das ja noch etwas weniger kompliziert. Auch in den Büroräumlichkeiten meiner Agentur haben wir immer geraucht.
Und pünktlich auf die Pension haben Sie sich eine Zigarrenmarke gekauft?
Es war zu keiner Zeit meine Idee, beruflich etwas mit Zigarren zu machen. Im Gegenteil, ich rauche zwar leidenschaftlich gerne, aber die Details, wie ein Longfiller entsteht, haben mich früher nie interessiert. Heute sind die Aficionados viel besser informiert, als ich es früher war.
Trotzdem haben Sie Laura Chavin Cigars übernommen, eine Marke mit einer turbulenten Vergangenheit. Wie kamen Sie dazu?
2017 kontaktierte ich Markengründer Helmut Bührle, den ich damals seit rund 20 Jahren kannte. Wir haben uns immer mal wieder getroffen. Ich hatte gehört, dass er sich wirtschaftlich in Schräglage befindet, und wollte ihm Mut zusprechen. Ich sagte ihm, dass die Zigarrenbranche ohne Laura Chavin ärmer wäre. Darauf lud er mich ein. Beim Treffen fragte er mich dann, ob ich ins Unternehmen einsteigen wolle. Das war für mich wie ein Schlag vor den Kopf. Damit hatte ich in keiner Weise geliebäugelt. Auf dem Rückweg war ich aber bereits angefixt, stellte mir vor, wie es wäre, eigene Zigarren zu produzieren.
Was hat Sie konkret daran gereizt?
Selbst Einfluss zu nehmen auf die Qualität und meine Vorlieben. Schliesslich kamen da zwei Dinge zusammen, die mir wichtig sind. Meine Werbeagentur war immer sehr designorientiert. Die Ästhetik einer Luxusmarke fand ich spannend, kombiniert mit Zigarren, wars dann ein Volltreffer.
Helmut Bührle genoss zuletzt nicht den besten Ruf in der Branche, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Er hat in Deutschland und der Schweiz sicher viel verbranntes Land hinterlassen. Das war mir damals aber gar nicht bewusst. Für mich war er ein Grandseigneur. Als Privatmensch hatte ich nie einen Grund, an seiner Integrität oder an seiner Person überhaupt zu zweifeln. Ich habe nicht im Ansatz daran gedacht, dass da ein grösserer Gegenwind kommen könnte.
2017 übernahmen Sie das Betriebsver mögen, 2019 die Markenrechte von Laura Chavin. Was fanden Sie vor?
Es waren nur noch wenige Zigarren da. Und der grösste Teil davon war leider nicht mehr in einem guten Zustand. Damals realisierte ich, dass ich alles neu aufgleisen muss.
Wie gingen Sie vor?
Noch 2017 suchte ich in der Dominikanischen Republik nach einer Produktionsstätte. Helmut Bührle liess Laura Chavin lange in der Tabacalera La Romana, der grössten Zigarrenfabrik des Landes, produzieren. Dieser Kontakt war bei meiner Übernahme aber bereits Geschichte. Ich machte dann Bekanntschaft mit dem Österreicher Günther Schichl. Er lebt seit 15 Jahren in der Dominikanischen Republik und ist ein ausgewiesener Experte für Tabakanbau sowie die Weiterverarbeitung. Heute werden in seiner Tabacalera ausschliesslich und exklusiv Laura-Chavin-Zigarren hergestellt. Zusammen haben wir alle Serien der Marke neu geblendet. Gerollt werden die fünf Linien mit grösstenteils eigenen Tabaken. Das gibt uns ein Maximum an Einfluss auf die Qualität.
Wie gross ist die Fabrik?
Wir beschäftigen so zwischen 20 und 30 Mitarbeitende und produzieren pro Jahr 150 000 bis 200 000 Zigarren. Aber primär geht es mir nicht um die Grösse.
Sondern?
Wenn man sich mit 58 Jahren nochmals in etwas komplett Neues stürzt, dann denkt man nicht daran, ein Imperium aufzubauen, dann geht es definitiv um Leidenschaft. Das Ganze ist eine Abenteuerreise, seit ich die Marke 2017 übernommen habe. Und sie dauert an. Aber natürlich brauchen wir in der Produktion ein gewisses Volumen, nur so kann man autark bleiben und die Qualität stetig steigern.
Helmut Bührle erfand ein geheimes Feld auf Kuba und behauptete, seine Zigarren enthielten Tabake von dort. Was für Tabake verwenden Sie für die neuen Blends von Laura Chavin?
Das Terroir und Einzellagen haben für uns höchste Bedeutung. Wir bewirtschaften unterschiedliche, teilweise exklusive Felder im Cibao-Tal, unter anderem auf 800 Metern über Meer. Da kommt man mit dem Auto gar nicht hin, mit dem Esel braucht man zwei bis drei Stunden. Dort oben ist es wie im Paradies, die Erde ist locker, die Luftfeuchtigkeit morgens hoch. Die Tabakpflanzen werden zwar kleiner, weil wir dort nicht bewässern, dafür sind alle anderen mikroklimatischen Bedingungen ausgezeichnet. Wir nennen diese Felder unsere Tabakalm, schliesslich werden sie von einem Österreicher bewirtschaftet.
Für welche Art Longfiller soll Laura Chavin künftig bekannt sein?
Der Genuss steht absolut im Vordergrund. Mir ist wichtig, dass die Zigarren mich zu keiner Zeit belasten. Sie dürfen nicht zu stark ziehen, nicht scharf werden und nicht im Hals kratzen. Um das zu vermeiden, spielt die Fermentation eine entscheidende Rolle. Wir fermentieren die Tabake sehr schonend bei tiefen Temperaturen. Der Prozess dauert dann zwar länger, aber es führt dazu, dass die Zigarren angenehm und vor allem sehr bekömmlich sind.
Die Marke Laura Chavin hat insbesondere in der Schweiz Schaden erlitten. Wie geht ein Spezialist wie Sie damit um?
Negative Schlagzeilen hin oder her, die Erfahrung zeigt klar, dass die Bekanntheit einer Marke ein grosser Vorteil ist. Hinzu kommt die Positionierung. Laura Chavin hat bereits einmal in der Champions League gespielt. Ich musste also nicht in der Kreisklasse anfangen. Die Ausgangslange war also durchaus interessant.
Am 1. März 2020 legten Sie los.
Und zehn Tage später kam der Lockdown. Die Nachfrage stieg während der Pandemie zwar beträchtlich, wir hatten allerdings wenig davon, weil unsere Zigarren noch nicht wieder in den Fachhandlungen waren. Aber da ich keine Vergleiche zum Vorjahr hatte, war ich mit dem Resultat im ersten Jahr doch recht zufrieden.
Was sind Sie eigentlich für ein Typ Mensch?
Ich bin ein Optimist, auf jeden Fall. Das Glas ist bei mir immer halb voll. Dafür bin ich dankbar, weil es im Leben extrem hilfreich ist, insbesondere im Umgang mit anderen Menschen.
Welche Märkte haben Sie im Blick?
Der Fokus liegt aktuell noch auf Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wir brauchen aber noch zusätzliche Absatzmärkte, um die Fabrik auszulasten. Die Gespräche mit Importeuren im Nahen Osten sind teilweise bereits weit fortgeschritten, die USA sowie China haben wir ebenfalls im Visier. Ich habe aber realisiert, dass der klassische Grosshändler nicht unbedingt der geeignete Partner für uns ist. Wir suchen Importeure, die das Potenzial der Marke verstehen und mit Liebe und Leidenschaft in die Läden bringen.
Planen Sie für 2025 neue Formate?
Wir arbeiten derzeit an einigen Blends, die wir als Kurzformate auf den Markt bringen wollen. Sie werden preislich etwas moderater sein und man soll sie in Dreier- oder Viererschachteln kaufen können. Zudem halten wir schon seit zwei Jahren eine Limitada-Serie in der Hinterhand. Vielleicht bringen wir die aber erst 2026, die Zigarren werden ja nicht schlecht.
Willi Knopf (65) wuchs in Dielheim zwischen Stuttgart und Frankfurt auf. Der leidenschaftliche Zigarren-Aficionado führte während dreissig Jahren eine eigene Werbeagentur. Helmut Bührle, der für seine Extravaganz bekannte Gründer der Zigarrenmarke Laura Chavin, kannte Knopf von zahlreichen Raucher-Events auf dessen Schloss Hochdorf. 2017 übernahm er das Betriebsvermögen der Laura Chavin Cigars GmbH. Seit 2019 besitzt er auch die Markenrechte. Die neu geblendeten Zigarren der Marke werden in der Fabrik von Günther Schichl in der Dominikanischen Republik hergestellt. Zurzeit besteht das Sortiment aus fünf Linien und insgesamt 22 Formaten.