Big Smoke
Eine Hommage an den Genuss
Champagner geht immer, lautet ein geflügeltes Wort. Und tatsächlich passen nach traditioneller Methode hergestellte Schaumweine zu sehr vielem: Schokolade, Kaviar, einem feinen Gericht oder handgemachten Zigarren. Ganz so einfach ist es dann aber auch wieder nicht. Die Welt der Champagner, Sekte und Crémants ist riesig, und die richtige Wahl Voraussetzung für ein genussvolles Beieinander.
Ein idealer Ort, um herauszufinden, welche Schaumweine und Zigarren zusammenpassen, ist das Restaurant Wunderbrunnen in Opfikon. Besitzer Roger Hirzel investiert seit 30 Jahren in seinen Weinkeller, der mittlerweile zu den grössten des Landes zählt. Die Weinkarte des mit 14 Gault-Millau-Punkten bewerteten Lokals besteht aus fast 5500 Positionen und einer beeindruckenden Auswahl an Vintage- und Non-Vintage-Champagnern.
Nicht selten reisen etwa Sommeliers und Sommelièren aus französischen Spitzenhäusern in die Zürcher Agglomeration, weil sie im Wunderbrunnen Raritäten finden (und bezahlen können), die es in ganz Frankreich längst nicht mehr zu kaufen gibt. Im Untergeschoss – gleich neben dem Weinkeller – lädt zudem eine geräumige Raucherlounge zum Verweilen ein. Die Zigarrensammlung ist gleichsam beeindruckend, mit einer riesigen Auswahl an gut gelagerten Longfillern.
Mit dem spanischen Sommelier Juan Biedma wirkt im Wunderbrunnen darüber hinaus ein ausgewiesener Fachmann, der sich auch mit Zigarren auskennt und die Gäste entsprechend beraten kann. «Zigarren und Champagner sind grundsätzlich eine wunderbare Kombination, allerdings ist auch Vorsicht geboten», so der 48-Jährige. So reinige ein junger, spritziger Champagner zwar die Zunge bei jedem Schluck, wähle man dazu aber eine ebenfalls junge Zigarre, werde es kompliziert. «Der hohe Nikotingehalt des Longfillers verträgt sich nicht mit der Mineralität des Weins.»
Dem pflichtet Hirzel, seines Zeichens ebenfalls ausgebildeter Sommelier, bei. Das Perlende des Champagners sei für die Zigarre eigentlich der Tod. «Der Königsweg ist die Kombination einer gelagerten Zigarre und eines gereiften Schaumweins», so Hirzel. Je länger ein Champagner oder Crémant im Keller liegt, desto opulenter und komplexer wird er. Dann zeigen sich oft Aromen von Hefe und Brioche, dazu verliert er an Kohlensäure, was ihn vollmundiger macht und darunter liegende Noten, etwa von gereiften Früchten, stärker hervortreten lässt. Bei den Zigarren ist es bekanntermassen ähnlich. Mit den Jahren senken Mikroorganismen den Nikotingehalt. Die einzelnen Tabakblätter vermählen sich und stiften der Zigarren ein zwar weniger kräftiges, aber dennoch volles, sehr harmonisches Aroma. Die Probe aufs Exempel machen wir mit drei Champagnern und einem Schweizer Crémant aus der Bündner Herrschaft.
Der Champagner Agrapart & Fils Extra Brut 2000 ist mittlerweile eine gesuchte Rarität. Der 23 Jahre alte Schaumwein zeigt ein wunderbares Bouquet mit nussigen Noten, dazu Vanille, Gebäck und Brioche. Am Gaumen ist er frisch, aber nicht spritzig. «Ein reiner Chardonnay, vom Alter geprägt, mit schönen Aromen von Bratapfel», so Biedma. Dazu präsentiert Hirzel eine Avo Limited Edition 2008, eingepackt in ein in die Jahre gekommenes, gelbliches Zellophan. «Die Zigarre war bei der Lancierung ein Flop, quasi unrauchbar», erinnert sich Sam Reuter, damals verantwortlich für die Marke Avo, auf Nachfrage. «Sie war durchzogen mit grasigen Aromen, niemand mochte sie.»
Über eine Dekade später zeigt sich einmal mehr, was die Zeit mit einer Zigarre anstellen kann. Die Avo ist von Beginn weg cremig, erstaunlich frisch, mit gut eingebundenen Holz- und Pfeffernoten, dazu zeigen sich tolle Röstaromen. Von grasigen Tönen keine Spur, dafür passt die Avo wunderbar zu den reifen Aromen des Agraparts.
Weiter gehts mit dem einheimischen Erzeugnis, dem Rosé-Crémant 2021 des Bündner Starwinzers Martin Donatsch. In der Nase manifestieren sich feine Rosenblätter, Zwetschgen und Hefenoten. Im Gaumen dominieren derweil Pflaume und Kirsche. «Ein junger Crémant mit feiner Perlage, gut ausbalancierter Säure und einem langen Abgang», so Biedma. Hier zeigt sich indes die Schwierigkeit, die ein frischer Schaumwein im Pairing bereiten kann. Keine der degustierten Zigarren wollte so richtig passen. Am Schluss fiel die Wahl auf eine zwar ebenfalls junge Montecristo Eagle (Boxing Date: 2021), die aber von Natur her wenig Körper, dafür nussige Aromen mitbringt.
Der Champagner Fleur de Miraval ER 2 lag drei Jahre auf der Hefe. Es handelt sich dabei um den einzigen Rosé-Champagner aus der berühmten Gemeinde Le Mesnil-sur-Oger, in der auch Hersteller wie Krug ihren besten Chardonnay kultivieren. Die Assemblage besteht aus drei Grand-Cru-Chardonnays (75 Prozent), denen fruchtiger Saignée von Pinot noir zugefügt wird. «Elegante Noten von Himbeeren, spritzig, von sehr hoher Qualität», urteilt Biedma. Dazu passt die Davidoff Magnificos Puro d’Oro, ein legendärer dominikanischer Puro, der 2010 lanciert und mittlerweile (zum grossen Bedauern vieler) nicht mehr produziert wird. Die Zigarre ist erstaunlich präsent für ihr Alter, vollmundig, mit schönen Waldaromen. Im Zusammenspiel kommen Longfiller wie Champagner harmonisch gleichsam zur Geltung, so sollte es sein.
Das letzte (gelungene) Pairing bilden ein Lanson 2009 sowie eine fünf Jahre alte Montecristo No 4. 2009 war ein heisser, aber guter Jahrgang, und das merkt man dem Champagner an. «Er ist sehr opulent, mit gut eingebundener Säure, schönen Noten von Gebäck, Bratapfel sowie Brioche, dazu kommt ein langer Abgang», so Biedma. Auch der Montecristo hat die Reifelagerung gutgetan. Ihre Kraft ist zwar gebändigt, aber noch immer präsent. Im Rauchverlauf entwickelt das schlanke Format reife Ledertöne sowie florale Noten. Zu- sammen mit dem Lanson kommt das richtig gut.
Fazit: Gereifte Zigarren haben in der Regel eine geeignete aromatische Breite, um mit traditionell hergestellten Schaumweinen zu harmonieren. Und auch die Faustregel «alt zu alt» hat in diesem Tasting bestens funktioniert. «Bei einem jüngeren Champagner empfehle ich, ein grösseres Glas zu wählen, so verflüchtigt sich die Perlage besser und lässt der Zigarre Raum, sich zu entfalten», so Biedma. Sicher ist: Wer sich persönlich mit dem Thema befassen möchte, findet im Restaurant Wunderbrunnen alles, was er dazu braucht.
Restaurant Wunderbrunnen
Dorfstrasse 36
8152 Opfikon
044 810 24 24
wunderbrunnen-opfikon.ch