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Cigar 4/2018

Mit der Welt im Reinen

Text: Tobias Hüberli Fotos: Njazi Nivokazi
Pesche Baumann ist ein Urgestein der Tabakbranche. In seiner Karriere hat er Erfolge gefeiert, Niederlagen erlitten und bis heute nichts bereut.
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Seine 68 Lenze sieht man Peter «Pesche» Baumann genauso wenig an wie seine immense Erfahrung, was den Tabak betrifft. Das allerdings ändert sich schnell, vorausgesetzt, man setzt sich hin, raucht eine Zigarre mit ihm und spitzt die Ohren.

In die Tabakbranche rutschte Baumann vor 44 Jahren. Nach dem Militärdienst und nachdem er lange nicht gewusst hatte, was er eigentlich mit sich anfangen soll, heuerte er bei der Firma Rothmans in Zürich an, dem damals drittgrössten Zigarettenkonzern der Welt. Er begann in der Promotion, wechselte später in den Verkauf, dann ins Marketing und war zuletzt mitverantwortlich für die diversen Sponsorings des Konzerns, von der Formel 1 über Motorradrennen bis hin zu Pferderennen. «Es war eine spannende Zeit», meint er rückblickend und sagt dann: «Aus heutiger Sicht, wenn ich die Schönheit einer Premiumzigarre betrachte, tut es einem fast weh, wie die Zigarettenindustrie den Tabak behandelt.»

Der Respekt vor dem Naturprodukt Zigarre ist Baumann in jeder Sekunde anzumerken. Und diesen versucht er auch zu vermitteln, jeweils freitags, wenn er im Fachgeschäft La Corona von Andreas Stachl in Uster Kunden berät, oder an den Zigarrenseminaren, die er auf Anfrage durchführt. «Es gibt heute sehr viel mehr junge Leute, die sich für die Materie interessieren, als etwa noch vor 15 Jahren.»
1997 wechselte Baumann zur Burger Söhne AG und half mit, das Longfillersegment des Unternehmens aufzubauen. «Wir brachten eine der ersten Zigarren aus Nicaragua in die Schweiz, davon gab es damals nicht viele», so Baumann. Die mittlerweile wieder verschwundene Zigarre hiess Churchill und wurde in der Fabrik eines gewissen Nestor Plasencia gefertigt.

Um die Jahrtausendwende machte sich Baumann zusammen mit einem Geschäftspartner selbstständig und führte in seinem Portfolio bald namhafte Marken wie Arturo Fuente, Maria Mancini oder Flor de Selva. «Damals galt ein Handschlag noch als Vertrag», so Baumann. Um Maya Selvas Zigarren zu importieren, reichte es, nach Paris zu fahren und die Zigarrenproduzentin zu fragen. Irgendwann reichte es dann nicht mehr ohne Vertrag, weshalb Baumann auch einige Vertretungen wieder verlor. «Das tat mir schon weh, auch weil es eine Ehre war, mit solchen Ikonen der Zigarrenbranche zusammenzuarbeiten.» 

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Über 2006 und die «traurige Sache» mit der Marke Laura Chavin von Helmut Bührle will Baumann am liebsten nicht mehr reden. Um es kurz zu machen: Bührle wurde damals wegen unlauteren Wettbewerbs angeklagt, Baumann hing als Importeur in der Sache unverschuldet mit drin. «Die Geschichte habe ich mit dem Freispruch abgeschlossen und mittlerweile auch verdaut», sagt er.

Elf Jahre später sitzt Baumann fröhlich in einem Chesterfield-Sessel und zieht an einer Casa de Torres im Churchill-Format. Im Hintergrund läuft Jazz, jene Musik, die Baumann auf Schritt und Tritt begleitet, seit er als Siebenjähriger die Plattensammlung seines Vaters entdeckte. «Mit den Jahren ist mein Durchhaltewillen stärker geworden», sagt er. Nach dem Hickhack mit Laura Chavin sei Aufgeben keine Option gewesen. Also habe er einfach weitergemacht. Mit seiner 2008 gegründeten Firma Baumann Selected Cigars importiert und vertreibt er seither die Premiumzigarren von Maria Mancini sowie Casa de Torres, zwei Marken der August Schuster GmbH in Bünde, Baumanns ältester Partnerin. Hier hat ein Handschlag noch seine Gültigkeit. Letztes Jahr kam der Boutiquebrand Roma Craft hinzu (siehe Box).

Auf die Frage, welche Stückzahlen er pro Jahr verkaufe, lächelt Baumann und winkt ab: «Es sind so viele, dass es immer noch lukrativ und spannend ist.» Das liege auch am guten Preis-Leistungs-Verhältnis seiner Zigarren. In der Schweiz seien die Konsumenten bereit, für einen nichtkubanischen Premium- Longfiller bis zu 14 Franken zu bezahlen. «Da sind wir voll dabei.»

Statt über Zahlen spricht Baumann viel lieber über das Schöne im Leben. Etwa über die Harmonie, die eine Zigarre einem bescheren kann, und über die vielen Parallelen, die zwischen seiner Lebensphilosophie und der Zigarrenwelt existieren. Der zweifache Grossvater scheint zufrieden und mit der Welt im Reinen. «Alles, was ich in meinem Leben gemacht habe, habe ich bis heute nicht bereut.» Und der Ruhestand ist für Baumann offensichtlich kein Thema. «Ich bin gesund und habe einfach Freude an dem, was ich mache. Was will ich denn mehr?»

Seit 2007 importiert Peter «Pesche» Baumann über seine Firma Baumann Selected Cigars ausgewählte Premiumzigarren der in der ostwestfälischen Stadt Bünde angesiedelten, über 100 Jahre alten Zigarrenfabrik August Schuster GmbH. 
www.bs-cigars.ch

Casa de Torres
Die erste Eigenmarke der August Schuster GmbH wird seit den Neunzigerjahren in Estelí im Norden Nicaraguas gefertigt. Das Umblatt sowie die Einlage bestehen aus nicaraguanischem Tabak, derweil für das Deckblatt ein in Ecuador gezogener Connecticut verwendet wird. Die Casa de Torres ist in diversen Formaten erhältlich, unter anderem in einer speziellen Pfeifenform (Pipa). Die 2006 eingeführte Casa de Torres Edición Special hebt sich mit einem Umblatt aus Costa Rica und einem nicaraguanischen Deckblatt von der Basislinie ab. Zudem ist sie deutlich gehaltvoller. In regelmässigen Abständen präsentiert die August Schuster GmbH überdies limitierte Editionen der Casa de Torres.

Maria Mancini
Ab 1998 legte August Schuster die Zigarrenmarke Maria Mancini neu auf. Zuvor war die von Thomas Mann in seinem Werk Der Zauberberg eingehend beschriebene Zigarre vom Markt verschwunden. Der in fünf Formaten erhältliche Longfiller wird in Honduras ausschliesslich mit honduranischen Tabaken gerollt. Pro Jahr gibts zudem eine limitierte Ausgabe.

Roma Craft Tobac
Die vier Zigarrenlinien des Boutiquebrands Roma Craft Tobac sind das Werk der beiden US-Amerikaner Skip Martin und Mike Rosales. Die Markeneigner legen grossen Wert auf erstklassige Rohstoffe und produzieren in einer eigenen Tabacalera in Nicaragua lediglich kleine Mengen. Jede Linie überzeugt mit einem speziellen Blend. So besteht die Linie Cromagnon aus einer nicaraguanischen Einlage, einem Umblatt aus Kamerun sowie einem Connecticut Broadleaf Maduro als Decker. Die Roma Craft Intemperance wiederum enthält ein indonesisches Umblatt und ein Deckblatt aus Brasilien. Da relativ kleine Stückmengen in die Schweiz geliefert werden, sind die Linien hier nur punktuell erhältlich, so wie es sich für einen Boutiquebrand gehört.