Big Smoke
Eine Hommage an den Genuss
Das Park Hotel Vitznau ist ein in weissen Stein gehauenes Monument. Von aussen (und manchmal auch von innen) wirkt der umfangreich renovierte Bau durchaus ein bisschen furchteinflössend. Eine allfällige Schwellenangst ist jedoch gänzlich unbegründet. Ja, sie wäre sogar ein grosses Unglück, zumindest für Menschen, die gerne eine edle Zigarre rauchen, feines Essen schätzen, kostbare Weine mögen oder es geniessen, alle diese Dinge am Ufer des Vierwaldstättersees zu kombinieren.
Klar mit Ja beantworten lässt sich die Frage, ob man sich ein Besuch an solch exklusiver Lage als normal verdienender Bürger überhaupt leisten kann. Gerade das Terrassenrestaurant direkt am See bietet ein interessantes Preis-Leistungs-Verhältnis. Nach oben sind die Grenzen im Park Hotel dann allerdings offen, kulinarisch wie monetär. In dem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurant Prisma verfolgt Küchenchef Philipp Heid eine europäisch-asiatische Hochküche. Gekonnt kombiniert er die beiden Welten mit Kreationen wie Entenleber mit Ponzu-Gelee und Shimeji-Pilzen oder Tafelspitz mit Spargel und Wasabi-Hollandaise. Die kulinarische Speerspitze des Hauses bildet allerdings das Restaurant Focus unter der Leitung von Küchenchef Patrick Mahler.
«Unglaublich» ist das Wort, das Mahler benutzt, wenn er an diese Nacht im Februar zurückdenkt, in der er aus dem Stand heraus mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. Der 36-Jährige hatte da gerade sein erstes Jahr als Küchenchef des Restaurants Focus hinter sich und knüpfte nahtlos an das Niveau seines Vorgängers Nenad Mlinarevic an.
Bemerkenswert ist dabei, wie Mahler mit dem Erbe umging, das ihm Mlinarevic mit seiner (damals) ausschliesslich auf Schweizer Produkte fokussierten Küche hinterliess. «Ich überlegte mir sehr genau, wie ich das hier haben will», so Mahler. Dabei ging es gar nicht so sehr um die Küchenphilosophie, sondern um die Art, wie sich das Focus in Zukunft präsentiert. Nicht eine Person, sondern das Restaurant als Ganzes sollte im Vordergrund stehen. «Köche und Service bilden eine Einheit, jeder Einzelne ist wichtig und steht dafür, was wir hier im Focus machen.»
Auf einen bestimmten Stil will sich Mahler, der sich selbst als zielstrebig, aber nicht allzu verbissen bezeichnet, nicht festlegen. «Wir bewegen uns zurzeit völlig frei, lassen viele Einflüsse zu und bringen diese dann im Gericht auf eine harmonische Linie.» Das Acht-Gang-Menü des Focus rotiert der Aargauer regelmässig. Auch, damit es seinen vier Köchen, die alle seit über zwei Jahren bei ihm sind, nicht langweilig wird. Vor allem aber, um immer wieder neue Wege zu beschreiten.
Dabei geht Mahler auch Risiken ein. Etwa wenn er den Schenkel des Alpstein-Poulets als Hauptgang servieren lässt. Was auf den ersten Blick etwas gar profan erscheint, ist in Tat und Wahrheit eine grandiose, aufwendige Kreation. Das vom Knochen gelöste Schenkelfleisch wird auf einem Blech zu einem Langeck geformt (die Schwierigkeit besteht darin, die Haut beidseitig schön hinzukriegen), anschliessend im Dampf gegart und kurz angebraten. Die entscheidende Frische steuert der Liebstöckel bei, dazu gibts marinierten Babylattich und Artischocke.
Ein Dinner im Focus ist ein besonderes Erlebnis, auch weil Chef de Service Madeleine Löhner punkto Wein aus dem Vollen schöpfen kann. 36 000 Flaschen in einem geschätzten Gesamtwert von 34 Millionen Franken schlummern in den Eingeweiden des Hotels, wobei dem Château d’Yquem ein eigener Weinkeller gewidmet ist. Und wer es ganz genau wissen will, wie Mahler und seine Brigade vorgehen, der reserviert den Chef’s Table und speist direkt in der Küche mit freiem Blick auf den Alltag einer Zwei-Sterne-Gastronomie.
Restaurant Focus
Park Hotel Vitznau
Seestrasse 18
6354 Vitznau
041 399 61 32
www.parkhotel-vitznau.ch
www.restaurant-focus.ch
Für den gepflegten Zigarrengenuss bietet sich der einladende Garten des Park Hotel Vitznau geradezu an. Bei schlechter oder zu kalter Witterung findet der Aficionado ein Refugium in dem für die Verhältnisse des Hauses vergleichsweise bescheidenen Fumoir der Verlinde Bar. Das Zigarrenangebot ist klein, aber durchdacht. Richtig Spass macht die fair kalkulierte Barkarte. Es gibt zum Beispiel frische Austern, Flammkuchen, aber auch gebratene Entenleber mit Nüsslisalat oder Schmorbratenravioli mit Haselnuss, Herbsttrüffel und gebratenen Pilzen.