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Vahé Gérard Cigar 2/25 Vahé Gérard

Mit Passion und Demut

Text: Tobias Hüberli – Fotos: Matthieu Prier
Vahé Gérard ist eine Legende unter den Schweizer Zigarrenhändlern. Mit seinen Eigenlinien wie der Edition Gérard kreiert der Hombre del Habano auch spannende Longfiller mit Tabaken aus der Neuen Welt.
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«Meine Geschichte ist einfach und kompliziert», sagt Vahé Gérard mit entschlossener Stimme, während er es sich auf einem Lederstuhl in seinem Büro an der Rue Philippe-Plantamour bequem macht. Hier hat die legendäre Zigarrenfachhandlung Gérard Père & Fils Ende 2024 Quartier bezogen, in sehr ästhetisch gestalteten Räumlichkeiten, nur gerade 300 Meter entfernt vom alten Standort im Fairmont Hotel, das zurzeit totalsaniert wird.

Den Umzug nach über vier Jahrzehnten begreift der Hombre del Habano als grosse Chance, nicht zuletzt, um das Stammhaus neu zu erfinden – im Geiste der Tradition, aber zukunftsorientiert. Die neue Boutique beeindruckt durch sorgfältige Raumgestaltung, edle Materialien sowie ein durchwegs elegantes Design. Die Zigarrenkisten lagern fein säuberlich gestapelt und gut einsehbar hinter einer überdimensionalen gläsernen Wand. «Wir wollten einen Anziehungspunkt schaffen für Kenner und neugierige Geister, kurzum: einen Ort für sinnliche Erlebnisse», so Gérard.

Während Jahrzehnten stand der Name Gérard für kubanische Zigarren höchster Güte – das tut er noch immer. 1980 kreierte Vahé Gérard indes seine erste eigene Zigarrenlinie namens Private Blend – mit Tabaken aus der Dominikanischen Republik. «Damals existierten in der Schweiz keine konkurrenzfähigen Longfiller aus der Dominikanischen Republik», erinnert sich Gérard.

Noch heute ist die Zigarrenlinie Private Blend, bestehend aus sechs Formaten von der Double Corona bis hin zur Short Corona, erhältlich. Der Blend setzt sich aus dominikanischen Tabaken sowie einem Connecticut-Shade-Deckblatt zusammen. «Das Aroma ist sehr mild, seidig und niemals aggressiv. Es sind ausgezeichnete Tageszigarren, auch für Einsteiger», so Gérard.

23 Jahre später lancierte Gérard unter dem Namen Limited Blend eine zweite Linie mit denselben Formaten, aber einer intensiveren, wenngleich cremigen Aromatik. Besonders stolz ist Gérard dabei auf das ölig glänzende Deckblatt – eine kubanische Sorte, die in der Dominikanischen Republik angebaut wird.

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Beide Linien sind noch heute im Handel erhältlich, allerdings wurden die Formate der heutigen Zeit angepasst: So verschwand etwa das mittlerweile weniger gefragte Format Double Corona. An seine Stelle traten eine Robusto mit 56er-Ringmass, Super Robustos mit einem 60er-Ringmass sowie der aktuelle Bestseller: Half Robustos.

Nach vielen Jahren der Entwicklung präsentierte Gérard 2020 die erste Zigarre der neuen Linie Gérard Edition. Die insgesamt sechs Formate werden in Nicaragua gerollt und bestehen aus jeweils unterschiedlichen Blends. Jeder Longfiller der Gérard Edition offeriert dem Genussraucher ein anderes Erlebnis. Bei der Wahl der Formate zeigt sich Gérards Vorliebe für kurze Formate wie Petit Robusto, Gordito oder Cañonazo.

Die neue Boutique ist auch ein Ort, an dem die Kultur und Geschichte der Zigarren lebendig werden. «Die Zigarren von heute unterscheiden sich grundlegend von jenen der Achtzigerjahre – genauso wie die Konsumenten.» Formate, Geschmäcker und Blends hätten sich verändert, getrieben von neuen Erwartungen seitens der Genussraucher und vom Fortschritt in den Zigarrenmanufakturen.

In seiner Boutique hat Gérard die Entwicklungen der letzten vier Jahrzehnte kommen und gehen sehen. Geblieben ist die Leidenschaft für eine Welt, in der Genuss auf Handwerkskunst trifft. «Eine Zigarre ist nicht einfach ein Produkt, sie ist ein Erlebnis, ein Gefühl, eine Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Zukunft», so Gérard. Zu seinen Kunden zählen Unternehmer, Schauspieler, Musiker, Sportler und Politiker aus aller Welt, die nicht selten auf der Suche nach einem bestimmten Geschmack und der damit verbundenen Erinnerung bei ihm durch die Türe treten.

Einen exklusiven Service bietet die Maison Gérard & Fils mit ihrer Private Bank of Cigars. Im hinteren Bereich der Boutique lagern in insgesamt 750 Kundenfächern unzählige Longfiller unter perfekten Konditionen – teilweise seit Jahrzehnten. Die Private Bank of Cigars erlaubt es Gérard auch, auf Anfrage spezifische Zusammenstellungen von Vintage-Zigarren anzubieten.

Das neuste Projekt des 65-Jährigen nennt sich The Cigar Nursery, allerdings haben seine Kunden dort keinen Zugang. «In der Nursery reifen wir die neu angekommenen Zigarren so lange, bis sie optimal sind für die Konsumation», erklärt Gérard. Berühmtes Vorbild ist der legendäre Reiferaum «The Vault» im ehemaligen Dunhill Store in London. Zigarren brauchen nach der langen Reise aus der Karibik Zeit, um zur Ruhe zu kommen und ihre Aromatik auszubalancieren. «Bei dominikanischen Tabaken reichen dafür drei Monate, bei kubanischen oder nicaraguanischen Zigarren dauert dieser Prozess bis zu acht Monate», so Gérard. Ziel sei es, dem Konsumenten ein in jeder Hinsicht perfektes Produkt zu bieten.

2005 wurde Vahé Gérard als erster Schweizer Fachhändler von der kubanischen Zigarrenindustrie zum Hombre del Habano gekürt. «Das Zigarrengeschäft ist gefährlich, weil es glänzt», sagt er abschliessend. Wer mit einer vornehmlich reichen Kundschaft zu tun habe, vergesse allzu schnell seinen Platz und gönne sich Luxus, den er sich nicht leisten könne. «Ein Händler muss seine Rolle immer bestens kennen, mit Demut. Das ist etwas, das bei mir sehr tief sitzt.»

Ein Leben für die Zigarre

Vahé Gérard, 1959 in Genf geboren, trat 1978 ins Familienunternehmen ein, das seine Eltern 1963 gegründet hatten. Nach dem Wirtschaftsstudium und einem Praktikum bei einer Grossbank zog es ihn in den Handel – seine wahre Leidenschaft. Gemeinsam mit seinen Eltern prägte er die Zigarrenkultur in Genf massgeblich mit. Bereits in den ersten Läden nahe den internationalen Organisationen spielten Zigarren eine Rolle. In den Achtzigerjahren entstand mit der Boutique im Noga Hilton die erste Verkaufsstelle, die sich ausschliesslich kubanischen Premiumzigarren widmete – inspiriert von seiner Mutter, die selbst nicht rauchte, aber die Eleganz der Zigarre schätzte. Die Boutique im Noga Hilton diente den Kubanern als Vorbild für die heute berühmte Franchise La Casa del Habano. Gérard Père & Fils ist seither kontinuierlich gewachsen – stets als Familienbetrieb, in dem Entscheidungen gemeinsam getroffen werden.

gerard-pere-et-fils.com

Neue Distribution in der Schweiz

Seit 2024 werden die Zigarren der Marke Gérard Edition in der Schweiz auch durch die Firma Cigar Mundi vertrieben – mit besonderem Fokus auf die Deutschschweiz. „Mit diesem Schritt zeigen wir den Anspruch, unsere Longfiller landesweit verfügbar zu machen“, so Vahé Gérard. Heute sind seine Zigarren in zahlreichen renommierten Fachgeschäften erhältlich: bei Shelby’s in Davos GR, Don Alejandro’s in Dietlikon ZH, Fend in Gossau SG, Finest Import in Murgenthal AG, Maduro in Olten SO, Torin in Otelfingen ZH, Il Sigaro in Rapperswil-Jona SG, Mangeng in Rheineck SG und im Zigarrenversand in Schaffhausen SH.

cigarmundi.com