Big Smoke
Eine Hommage an den Genuss
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Stelle in der Schweiz?
Bernd Schützelhofer: Allerdings, das war 1989 im Kulm Hotel in St. Moritz. Es hätte aber auch genauso gut auf dem Mars sein können. Ich war vorher noch nie weg von daheim gewesen. Und dann wurde plötzlich alles in Französisch annonciert, alles war auf einem Fünf-Sterne-Superior-Level, wir hatten damals 400 Stück Hummer an Lager, Entenleber ohne Ende, es war imposant. Ich stieg ein als zweiter Commis Tournant, das weiss ich noch ganz genau. In der Hierarchie stand ich damit noch hinter dem Erstjahr-Lehrling.
Wieso sind Sie Koch geworden?
Das weiss ich gar nicht. Kochen hat mir einfach immer Spass gemacht. Mit meinen Eltern fuhren wir oft nach Kärnten in den Urlaub. Wenn da die anderen ins Freibad gingen, half ich im Hotel in der Küche mit. Kochen hat mich immer fasziniert.
Worin genau liegt die Faszination?
Es sind die Kreativität, die der Beruf mit sich bringt, und die enorme Vielfalt an Lebensmitteln, mit denen man arbeiten kann. Dank meiner Ausbildung konnte ich die ganze Welt bereisen und überall arbeiten. Mich fasziniert die italienische Küche genauso wie die thailändische. Es wird einem einfach nie langweilig. Und wenn ein Koch denkt, er kenne alle Produkte, dann kann er sich immer noch der Welt des Weins zuwenden oder jener des Whiskys oder der Zigarre. Es ist endlos.
Das war jetzt ein perfekter Werbespot für den Kochberuf.
Gut, in diesem Fall sollte ich wohl noch erwähnen, dass die Ausbildung zum Koch am Anfang sehr hart ist und mit Kreativität herzlich wenig zu tun hat. Kochen ist zuallererst ein Handwerk, das Kreative kommt später. Leider vermitteln die Kochshows im Fernsehen den Jungen heute sehr oft ein verzerrtes Bild, das mit der Realität in den Profiküchen nicht übereinstimmt.
Warum haben Sie Ihre Stelle als Chefkoch im Grand Hotel Kronenhof in Pontresina für das «Paul’s» aufgegeben? Immerhin galt das Restaurant als Problemfall.
Ich war früher regelmässig Gast im «Paul’s». Die Ambiance hat mir immer gefallen. Es war kein Geheimnis, dass das Restaurant damals nicht gut lief, ich sah aber viel Potenzial. In Pontresina hatte ich fast alles erreicht, ich hatte 17 Punkte von Gault&Millau, einen Michelin-Stern und 2012 wurde ich zum Hotelkoch des Jahres gekürt. Aber ich wünschte mir immer etwas mehr Mitspracherecht, das war in Pontresina nicht möglich. Hier im «Paul’s» kann ich beweisen, dass meine Ideen funktionieren. Das tun Sie offensichtlich. Das Restaurant läuft.
Und Gault&Millau hat Ihre Küche bereits im ersten Jahr mit 16 Punkten bewertet sowie Ihnen den Titel «Cigarman of the Year» verliehen.
Zwar glaubt mir das niemand, aber ich plante im «Paul’s» gar nie eine Küche auf diesem Niveau. Im Gegenteil, nach dem «Kronenhof» wollte ich hier eine ehrliche Küche anbieten, dabei gewisse Sachen aber etwas anders kochen als alle anderen.
So ganz glaube ich Ihnen das jetzt auch nicht. Ist Ihre Bescheidenheit angeboren oder antrainiert?
Ich staple lieber tief als hoch. Bescheidenheit und Ehrlichkeit sind mir sehr wichtig.
Was verstehen Sie unter einer ehrlichen Küche?
Dazu braucht es zuerst einmal die bestmöglichen Grundprodukte. Man kann ein Lebensmittel nie besser machen, als es ist. Mein Anspruch sind von Grund auf gekochte, schmackhafte Gerichte mit neuzeitlichen Komponenten, die der Gast aber noch bezahlen kann. Auf unserer Karte finden Sie etwa ein einfaches «Züri Gschnetzlets» oder ein Mistkratzerli, wir bieten aber auch ein kreativ gemachtes fünfgängiges Menü. Wir wollen für alle das Passende haben.
Als Koch ist man dem Urteil der Gäste ausgeliefert. Wie gehen Sie damit um?
Ich sage es mal so: Ehrliches Lob und konstruktive Kritik sind die Triebfedern, um als Koch noch besser zu werden. Ich würde mir wünschen, dass sich die Gäste generell etwas öfter getrauen würden, ein ehrliches Urteil abzugeben. Ich selbst stelle meinen Gästen fast immer offene Fragen, das ist vielleicht etwas ungewöhnlich, führt aber zu qualitativ besseren Rückmeldungen.
Wie wichtig sind die Zigarren für Ihren Betrieb?
Zigarrenrauchen hat mit Genuss zu tun, und das passt natürlich zu einem guten Restaurant. Die Zigarre ist ein grosses Thema in unserem Haus, immerhin beherbergen wir zwei Raucherlounges. Es ist aber auch extrem wichtig, dass die Raucherräume gut vom Restaurant abgetrennt sind. Wer nicht will, kommt bei uns zu keiner Zeit in Berührung mit einer Zigarre oder deren Rauch.
Sie selbst sind ein Genussraucher, welche ist Ihre Lieblingszigarre?
Sehr lange war es die Davidoff Special R. Die neue Linie von Davidoff aus Nicaragua gefällt mir indes auch sehr gut, allen voran das neue Diadema-Format.
Wie sind Sie als Chef?
Man wirft mir vor, dass ich nie mit etwas zufrieden bin. Für mich ist das eine Einstellungssache. Wir können heute ein exzellentes Risotto kochen und morgen trotzdem versuchen, ein noch besseres zu machen. Für die Mitarbeiter ist das natürlich sehr fordernd. Ich bin aber nicht der autoritäre Chef. Ziel ist es immer, die Entscheidung im Team herbeizuführen.
Was braucht es, um in so einem Betrieb Erfolg zu haben?
Das kann man so gar nicht sagen. Es sind 1000 Mosaiksteine, die stimmen müssen. Es geht nicht ohne das Team, jeder Einzelne ist wichtig. Man kann es mit einem Orchester vergleichen, jeder Ton muss stimmen. Dann darf man nicht am Gast vorbeikochen und muss ihm einen guten Preis bieten. Es tönt vielleicht abgedroschen, aber es ist einfach so. Ohne Fleiss kein Preis. Sie müssen immer bereit sein, die Extrameile zu gehen.
Bernd Schützelhofer (44) wuchs nur einen Steinwurf von der Schweizer Grenze, in Hard im Vorarlberg, auf. Das Kochhandwerk lernte er dann noch näher bei der Schweiz, nämlich im Grenzort Höchst im Gasthof Linde. «Wenn du was lernen willst, dann musst du in die Schweiz», hiess es damals. Und so ergatterte sich Schützelhofer nach der Ausbildung 1989 im Kulm Hotel in St. Moritz eine Stelle als zweiter Commis Tournant. Es folgten unzählige Engagements in der Fünf-Sterne-Hotellerie in der Schweiz, in Österreich, Dubai oder aber auf den Weltmeeren. Bernd Schützelhofer erfüllte sieben Verträge auf Luxus-Kreuzfahrtschiffen, bevor er 2004 in die Schweiz zurückkehrte und bei Urs Karli als Executive Chef im Hotel Astoria in Luzern anheuerte. Drei Jahre später zog es Schützelhofer in das Grand Hotel Kronenhof in Pontresina. Dort wurde seine Küche nicht nur mit 17 Gault-Millau-Punkten und einem Michelin-Stern ausgezeichnet, Schützelhofer wurde 2012 gar zum Hotelkoch des Jahres gekürt. Vor einem Jahr übernahm Bernd Schützelhofer zusammen mit seiner Lebenspartnerin Jackie Pedregal das Restaurant Paul’s in Widnau. Das Paar brachte das als Problemrestaurant geltende «Paul’s» innert eines Jahres auf die Erfolgsstrasse. Im Oktober bewertete Gault&Millau Bernd Schützelhofers Küche auf Anhieb mit 16 Punkten und verlieh ihm zusammen mit Davidoff den Titel «Cigarman of the Year».
Das Restaurant Paul’s in Widnau war früher die Mitarbeiterkantine der Firma Viscosuisse. Vor vier Jahren wurde das Gebäude ausgehöhlt und renoviert. Neben einem grosszügigen Gastraum und einer modernen Küche beherbergt das Haus zwei Weinkeller (einer ist grossformatigen Flaschen vorbehalten), eine Weinbar, ein Kinderspielzimmer sowie zwei Raucherlounges. Die «Davidoff Lounge» im Erdgeschoss steht allen Besuchern offen, derweil der «Cuba Club» im ersten Stock den rund 100 Mitgliedern sowie deren Gästen zugänglich ist.
www.restaurant-pauls.ch