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Weine mit Temperament

Text: Remo Schällibaum Fotos: z. V. g.
Im Nordwesten Argentiniens gedeihen auf über 2000 Meter über Meer Rebstöcke unter extremen Bedingungen. Die daraus gekelterten Weine schmecken hervorragend – mit oder ohne Zigarre.
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Wer schon einem «Laster» frönt, sollte dies gleich zur perfekten Symbiose führen. Zigarren und Wein sind eine interessante, aber oft unterschätzte Kombination. Gewisse Dinge gibts zu beachten. Wer etwa Weissweine mit Zigarren vermählt, darf ruhig etwas Kräftiges mit hohem Alkoholgehalt auswählen, idealerweise im Barrique ausgebaut. Sorten wie Viognier, Sauvignon blanc oder Chardonnay eignen sich gut. Auch beim Rotwein gilt: Nur ein temperamentvoller Wein bändigt das kubanische Feuer. Nun ist Lateinamerika nicht nur die traditionelle Heimat von edlem Tabak, sondern auch jene von hochstehenden Weinen, die wiederum hervorragend zu Zigarren aus der Dominikanischen Republik, Kuba oder Nicaragua passen.


Nur in Europa wird aktuell noch mehr Wein gekeltert als auf dem süd-
amerikanischen Kontinent. Das kommt nicht von ungefähr. Im frühen 16. Jahr- hundert legten portugiesische und spanische Einwanderer die Grundlage für den Weinbau. Der Spanier Hernando Cortez (1485–1547) liess vermutlich als Erster europäische Weinreben pflanzen. Dies in den Jahren ab 1540 in Peru, Bo- livien und weiteren Ländern. Die rasche Verbreitung auf dem Kontinent kann der religiösen Motivation zugeschrieben werden. Der Bedarf an Messwein stand hier am Ursprung.


Heute sind in unseren Breitengraden vor allem Rebsäfte aus Chile und Argentinien bekannt. Dass aber auch Weine aus Uruguay, Peru, Brasilien oder Bolivien hervorragend munden, ist weit weniger geläufig. Es wird Zeit für eine kleine Reise. Ausgangspunkt ist der Nordwesten Argentiniens. Dort liegen die Weinregionen von Salta und Valle Cafayate. Von Cafayate führt eine knapp vierstündige, offroad-ähnliche Fahrt nach Salta ins Weinanbaugebiet von Altupalka. Dieses grenzt im Norden an Bo- livien und im Nordosten an Paraguay. Salta ist neben Catamarca, Tucuman und Jujuy die höchstgelegene Weinbau- region Argentiniens.

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Bereits im 16. Jahrhundert wagten Missionare der Jesuiten das Experiment, in einer Höhe zwischen 1600 und 3000 Metern über dem Meeresspiegel Weinreben zu pflanzen – mit Erfolg. Heute ist das Anbaugebiet rund um Cafayate zirka 4000 Hektaren gross. Anfangs fehlten den Weinen in Salta die Ausgewogenheit sowie die Finesse. Das änderte sich im 21. Jahrhundert, als die Erfahrung der Winzer sowie moderne Technologien zu einer enormen Qualitätssteigerung führten. Unter Weinkennern gilt die Region inzwischen als eine der spannendsten weltweit. Die Bodegas haben auch den Tourismus gefördert. Insbesondere in der Umgebung von Cafayate befinden sich einige malerisch gelegene Bodegas, die Spitzenweine produzieren. Dazu zählen beispielsweise Colomé, Piattelli, Bodega el Esteco oder die Bodega Vasija Secreta (um nur einige zu nennen). Eines der ältesten Weingüter ist die Bodega Etchart. Es besteht bereits seit 1850 und produziert ausgezeichneten Torrontés.


Altupalka – im Vorland der Anden
Im Hintergrund zeigen sich die schneebedeckten Anden. Mächtig und majestätisch begrenzen sie die weiten Ebenen im argentinischen Nordwesten. Eine enorme Weinanbaufläche erstreckt sich von Mendoza über Salta, Cafayate bis nach Tarija in Bolivien. Bereits im Jahre 1561 legten die Spanier erste Rebgebiete rund um Mendoza herum an. Jahrhunderte später begannen die Franzosen, den Weinanbau zu kultivieren. Aus der einst eher bescheidenen (Messwein-)Qualität entstanden mit den Jahren immer bessere Weine. Allen voran ebneten François Lurton (fünfte Generation der Bor- deaux-Familiendynastie) oder Michel Rolland den Aufstieg des Uco Valley in die Liga der Spitzenweinbauregionen.


Die strukturstarke Malbec-Traube prägt diese Weinregion Argentiniens. Rund um Mendoza scheint die auf rund 1200 Metern über Meer gelegene Ebene nicht enden zu wollen. Extremer und eindrucksvoller könnte der landschaftliche Wechsel nicht sein, wenn man sich ins eher beschauliche Cafayate begibt. Knapp 190 Kilometer südlich von Salta auf rund 1800 Metern über Meer gelegen, bildet es den Ausgangspunkt zu Weinanbaugebieten in karger, gar bizarr anmutender Landschaft. Zwischen drei Meter hohen Kakteenhainen auf 2500 bis 3000 Metern über Meer gedeiht hervorragender Wein.


Hier herrschen besondere klimatische Verhältnisse von 15 °C bei Nacht bis rund 40°C (am Schatten) tagsüber. Pro Jahr, wenn überhaupt, fällt während zwei Wochen etwas Regen. Genau diese extremen Bedingungen schaffen die Basis für charakterstarke Weine mit einzigartigem Geschmack. Zum Vergleich: In der Schweiz finden wir ebenfalls Weine an dieser Höhenlage – in der Jatzhütte am Jakobshorn, allerdings in Flaschen, nicht als Trauben am Stock.

Der Bauingenieur und Weinbau-Fanatiker

Alejandro Martorell, ein ehemaliger Bauingenieur, baut oberhalb von Cafayate vorzüglichen Wein auf einem Traum von einem Flecken Erde an: kein Strom, kein Internet- oder Handy-Empfang! Eigentlich suchte Martorell 2007 ein Stück Land, um darauf ein Wochenendhaus für seine Familie zu bauen. Im Valle de Carreras wurde er fündig, allerdings steht dort noch immer kein Haus, dafür ein Weinberg auf rund 2600 Metern über Meer, umgeben von Bergketten, am Ende der Welt und doch irgendwie mittendrin. Bodenständig und stolz betreibt Martorell an diesem Ort Weinbau. Im März hat er seinen ersten Torrontés vinifiziert. Man darf gespannt sein.

Bereits in der Schweiz erhältlich sind von ihm unter anderem folgende Weine:

Altupalka – Extremo Sauvignon blanc
Trocken und kräftig, ein Sauvignon blanc, wie man ihn sonst nicht kennt und der noch lange in Erinnerung bleibt, wenn das Glas leer getrunken ist.

Altupalka – Malbec-Malbec
Eine Assemblage zweier Malbec-Anbaugebiete. Molinos (2590 Meter über Meer) und Cafayate (1750 Meter über Meer). Ein ausdrucksstarker Wein mit langem Abgang.

latino-weine.ch