Big Smoke
Eine Hommage an den Genuss
Die Kubaner feiern mit ihren limitierten Spezialitäten seit Jahren durchschlagende Erfolge. Die jeweils auf eine bestimmte Anzahl Kisten beschränkten Ediciónes Regionales oder Ediciónes Limitadas verkaufen sich weltweit wie warme Brötchen. Und längst sind auf diesen Zug auch die Hersteller aus der neuen Zigarrenwelt aufgesprungen. Bleibt die Frage, wie diese Longfiller in einer Degustation abschneiden. Bieten sie tatsächlich einen geschmacklichen Mehrwert oder zahlt der Konsument nur für die ansprechende Verpackung?
Wir wollten es herausfinden und degustierten sechs aktuelle Sondereditionen. Allerdings fehlen die kubanischen Ediciónes Limitadas von 2019 und 2020, weil sie bis heute nicht ausgeliefert wurden. In die Bresche springt die seit August erhältliche Partagás Capitols. Das zweite Format der neuen Línea Retro kommt zwar nicht in nummerierten Boxen daher, trotzdem ist ihre Produktion laut der Habanos SA limitiert. Erst im Oktober offiziell in den Handel gelangen die Regional-Editionen Süd und Nord der Marke Avo. Sie komplettieren das Quartett mit den letztes Jahr lancierten Avo-Regionalausgaben West und Ost. Nur jeweils 347 Kisten werden im Schweizer Fachhandel erhältlich sein.
Die seit längerem angekündigte Limited Edition Robusto Intenso von Davidoff war bei Redaktionsschluss noch nicht verfügbar. Dafür stellten wir die im Frühjahr präsentierte Davidoff Special 53 auf den Prüfstand. Dann wollten wir wissen, ob die Camacho Liberty Series 2020 hält, was ihre überaus aufwendige Verpackung verspricht. Und zum Schluss widmeten wir uns der La Ley Privada 2017, der nicaraguanischen Jahrgangszigarre von Tabakmeister Didier Houvenaghel.
Davidoff Special 53 Limited Edition 2020
Die im Juli lancierte Davidoff Special 53 Limited Edition 2020 ist eine Neuauflage der 2002 erstmals mit einer Capa Dominicana, also einem Deckblatt aus der Dominikanischen Republik, gefertigten Davidoff 53. Die Tabake des Perfecto-Formats mit einem Ringmass von 53 stammen allesamt aus der Dominikanischen Republik und reiften zwischen sechseinhalb Jahren (Einlage), sieben Jahren (Umblatt) und zehn Jahren (Deckblatt). Von der Special 53 wurden insgesamt 9700 Kisten (à zehn Zigarren) produziert, nur gerade 800 Einheiten fanden den Weg in die Schweiz. Der Preis pro Kiste beläuft sich auf 340 Franken.
Degustation
Die Davidoff Special 53 startet mit dichten Waldaromen: Erde und (Eich-)Holz, dazu kommen Kaffee, Kakao- und Ledernoten, leicht cremig. Schöne Balance, retronasal zeigen sich schwarzer Pfeffer sowie eine angenehme Süsse. Die Zigarre ist irgendwo zwischen mild und mittelkräftig. Brand wie auch Zug sind einwandfrei. Ab dem zweiten Drittel entwickelt das Format dezente Röstaromen, die Süsse tritt in den Hintergrund. Dafür kommen feinherbe Noten zum Vorschein: Gras und Kaffee. Im letzten Drittel gewinnt die Davidoff an Stärke, das Aromspektrum bleibt komplex; Karamellnoten, Bitterkeit nimmt zu, bleibt aber bis zum Schluss problemlos rauchbar.
Fazit: Optisch wie geschmacklich ein Fest, gehört in jeden Humidor.
Avo Regional South Edition 2020
Mit den Regionalausgaben Nord und Süd komplettiert die Marke Avo das Quartett. (Die Ausgaben Ost und West erschienen 2019.) Das Torpedo-Format der Avo Regional South Edition ist mit einem Deckblatt sowie einem Umblatt aus Ecuador ausgerüstet. Für die Einlage wurden Tabake aus der Dominikanischen Republik, aus Honduras sowie aus Peru verwendet. 4100 Boxen (à zehn Zigarren) werden weltweit davon distribuiert. Der helvetische Fachhandel kriegt genau 347 Kisten. Die Avo Regional South Edition 2020 wird in der Schweiz ab dem 1. Oktober erhältlich sein. Der Preis pro Box beträgt 180 Franken.
Verkostung
Die Zigarre ist ab dem ersten Zug präsent mit klaren Kakao- und Holzaromen. Retronasal kommen intensive Pfeffernoten und eine feine (Honig-)Süsse hinzu. Im Verlauf des ersten Drittels entwickeln sich feinherbe Noten, die Süsse tritt in den Hintergrund. Ab dem zweiten Drittel dominieren Holz und Pfeffer. Dazu kommen grasige Noten und mineralische Töne. Die Regional South Edition ist hervorragend verarbeitet, mittelkräftig und harmonisch komponiert. Sie verfügt über ein zwar nicht allzu komplexes, dafür aber klares Geschmacksprofil. Eine süssliche Trinkbegleitung bietet sich an.
Fazit: Angenehme Zigarre – klar und fadengerade, macht Spass.
Avo Regional North Edition 2020
Für das wunderbare Perfecto-Format (168 mal 19,8 Millimeter) der Avo Regional North Edition 2020 wurden ausschliesslich Tabake aus der Dominikanischen Republik verarbeitet. In der Einlage kombinierte der Masterblender die Tabaksorten San Vicente und Piloto aus verschiedenen Regionen der Karibikinsel. Geliefert werden die Avo-Regional-Editionen in Zehnerboxen aus Karton, was zumindest aus Sammlerperspektive unterschiedlich bewertet werden kann. Die Avo Regional North Edition 2020 wird in der Schweiz ab dem 1. Oktober zum Preis von 180 Franken pro Kiste erhältlich sein.
Verkostung
Das elegante Format startet würzig mit prägnanten Holzaromen, dazu kommen etwas Leder und eine feine Süsse. Die Zigarre liegt am unteren Rand von mittelkräftig. Harmonisches Aromaspektrum, Bitternoten entwickeln sich, Süsse ist weg. Im letzten Drittel dreht die Zigarre dann auf, sie gewinnt an Stärke und Komplexität. Die Süsse kehrt in Form von Dörrfrüchten zurück, dazu gesellen sich würzige Waldaromen. Das Ganze ergibt ein unterhaltsames herb-süssliches Zusammenspiel.
Fazit: Im letzten Drittel gehts richtig los.
Camacho Liberty Series 2020
Diesen Frühsommer präsentierte Camacho eine neue Ausgabe ihrer limitierten in Honduras gefertigten Linie Liberty Series. Es ist die erste seit 2017. In den Jahren 2018 und 2019 gabs jeweils eine Throwback Edition, also einen alten Blend, der neu aufgelegt wurde. Die Liberty Series 2020 kommt in einer aufwendig lackierten Kiste à 20 Stück daher. Das Deckblatt des Gordo-Formats (152 mal 23,8 Millimeter) stammt aus Ecuador, das Umblatt aus Honduras, für die Einlage kamen Tabake aus der Dominikanischen Republik und Honduras zum Einsatz. 4000 Kisten wurden produziert, davon sind 250 für den Schweizer Markt vorgesehen, zu einem Preis von 404 Franken pro Box.
Verkostung
Die boxgepresste Zigarre startet voluminös, rund und samtig weich. Es zeigen sich Holz- und Nussaromen, dazu Pfeffernoten (retronasal) sowie süssliche Zitrusnoten. Wird noch im ersten Drittel leicht cremig. Ab dem zweiten Drittel dominiert Holz, Pfeffer wird stärker. Im letzten Drittel findet alles nochmals zusammen: Crème, Nuss, Holz und Pfeffer.
Fazit: Eine gute, aber nicht jedermanns Sache.
La Ley Reserva 2017 Laguito
Die stark limitierte Jahrgangszigarren der Reserva-Linie von La Ley – verwendet wird jedes Jahr derselbe Blend mit Tabaken von den gleichen Feldern – ist ein Lieblingsprojekt von Markengründer Didier Houvenaghel. Der umtriebige Belgier beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Langzeitlagerung von Tabak. Die La Ley Reserva 2017 Laguito wurde 2016 gerollt und ein Jahr später in Kisten verpackt. Daraufhin wurden die Zigarren zwei weitere Jahre gelagert, bis sie Anfang 2020 die Marktreife erreichten. Die Produktion beträgt nur wenige hundert Kisten, eine Kiste à 21 Stück gibts für 367.50 Franken.
Verkostung
Das Gran-Toro-Format startet mit erdig-süsslichen Aromen und dem für nicaraguanischen Tabak typischen Aroma von schwarzem Pfeffer (retronasal). Dazu kommen Leder- und Eichholznoten. Die Zigarre hat einen eigenen Charakter. Der Pfeffer ist spürbar, bleibt aber dezent im Hintergrund und schafft die Bühne für ein lustvolles Zusammenspiel von Holz-, Leder- und Röstaromen. Gewinnt im Rauchverlauf an Stärke, ist aber, insgesamt betrachtet, erstaunlich mild.
Fazit: Eine in jeglicher Hinsicht sorgfältig komponierte und darum auch unbedingt empfehlenswerte Zigarre.
Partagás Capitols
Limitierte Zigarren aus Kuba waren dieses Jahr – bis jetzt – Mangelware. Die Ediciónes Limitadas 2019 stehen weiter aus, von den Ediciónes Limitadas 2020 ganz zu schweigen. Die Hoffnung bleibt, dass bis Ende Jahr die Edición Regional Suiza 2020 – es handelt sich dabei um die prächtige Quai d’Orsay Sélection – angeliefert wird. Bereits in der Schweiz angekommen, am 12. August, um genau zu sein, ist dafür die Partagás Capitols. Die zweite Zigarre der Línea Retro kommt in einem Mareva-Format (129 mal 16,6 Millimeter) daher und ist, laut Importeur, ebenfalls eine limitierte Produktion. Die fünf Zigarren in der Retro-Metallbox gibts für 65 Franken.
Verkostung
Die Partagás startet ohne Umschweife mit Aromen von Leder, Holz und Erde, dazu kommen florale Noten. Die kleine Vitola offeriert ein würzig-spannendes Gesamtbouquet. Allerdings fehlen ihr die feinen Nuancen der kubanischen Aromenwelt. Die Zigarre sollte langsam und mit Bedacht geraucht werden. Sorgsame Aficionados dürfen sich auf eine nicht allzu komplexe, aber harmonische Premiumzigarre freuen.
Fazit: Perfekt für ein gepflegtes Zwischendurch.