cigar | Mehr Fokus auf die Realität
Aus Cigar 2/2018
Beat Hauenstein

Mehr Fokus auf die Realität

An seiner ersten Medienkonferenz gab sich Oettinger-Davidoff-CEO Beat Hauenstein zuversichtlich. Er sieht zwei grosse Themen.

Interview: Tobias Hüberli
Foto: z. V. g.

Ende August geht Ihr erstes Jahr als CEO von Oettinger Davidoff zu Ende. Wie lautet Ihr Fazit?
Beat Hauenstein: Ich konnte die Begeisterung, die ich seit 16 Jahren für diese Unternehmung habe, nochmals ausbauen. Es ist eine Freude und zugleich grosse Verantwortung, den Innovationsleader der Branche zu führen.

Was machen Sie anders als Ihr Vorgänger?
Zuallererst führe ich vieles, das gut gemacht wurde, weiter. Zudem will ich Oettinger Davidoff noch stärker auf die Realität ausrichten. Es geht darum, das Unternehmen fit zu machen für die Herausforderungen, die Volatilität und die Unsicherheiten, die uns in den einzelnen Märkten begegnen.

Worauf bereiten Sie sich vor?
Wir wollen mit innovativen genussvollen Produkten die Aficionados überraschen. Allerdings verändert die digitale Transformation das Marktverhalten der Kunden. Die Transparenz ist viel grösser geworden. Mit einem Klick können Preise verglichen und Testberichte gelesen werden. Vor allem die jungen Konsumenten kaufen Zigarren vermehrt online. Auf diesen Trend müssen wir uns einstellen. Das zweite grosse Thema sind die Regulationen, denen die Branche ausgesetzt ist.

Welche Strategie verfolgen Sie diesbezüglich?
Es gilt, ein Gespür für kommende Regulierungen zu entwickeln und prognosefähig zu werden. Das Rückverfolgungs- system für Zigarren, das wir in Europa bis 2025 erfüllen müssen, ist dafür ein gutes Beispiel. Ich wünsche mir, dass wir positiv auf solche Hindernisse reagieren, sie als Herausforderung annehmen. Wir müssen lernen, dass sie ein genauso wichtiger Teil unseres Geschäfts sind wie das Kreieren neuer Zigarren. Nur was man gerne macht, macht man wirklich gut!

Der Online- setzt dem klassischen Fachhandel zu. Wie sehen Sie die Zukunft der Davidoff Flagship Stores?
Die Stores sind in Kombination mit unseren Lounges zentral wichtig, um unsere Produkte zu präsentieren und direkt mit dem Konsumenten in Kontakt zu treten. Das Konzept wird weitergeführt, einfach unter unternehmerischen Gesichtspunkten.

Was heisst das genau?
Wir haben keine Pläne, die Standorte, die wir selbst besitzen und betreiben, massiv auszubauen. Aber wir stellen das Konzept anderen zur Verfügung. Kürzlich eröffnete in Brooklyn ein privater Zigarrenhändler einen Laden mit eigenem Kapital, aber unserem Konzept. Mit diesem sogenannten Capital-Light-Approach haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. An solchen Orten werden nicht nur Davidoff-Zigarren, sondern auch fremde Marken verkauft. Persönlich finde ich das eine gute Idee, unsere Branche lebt vom gegenseitigen Austausch.

Sie sagen, es sei nicht notwendig, Tabakfelder zu besitzen. Tangiert das nicht die Crop-to-shop-Strategie?
Die Crop-to-shop-Strategie, also die Kontrolle sämtlicher Produktionsprozesse, ist der einzige Weg, um die Qualität einer Zigarre zu garantieren. Dafür braucht es intensive Anstrengungen bezüglich der Qualitätssicherung entlang der ganzen Produktionskette. Eigene Felder sind dafür nicht zwingend nötig. In der Dominikanischen Republik geben wir unsere Tabaksetzlinge an Drittbauern und erhalten dann die Ernte zurück. Dort haben wir relativ wenige eigene Felder.

Dafür kauften Sie vor ein paar Jahren Land in Honduras und Nicaragua. War das rückblickend eine Fehlinvestition?
Damals investierten wir in den Camacho-Brand und später in die neue Davidoff Nicaragua. Wir wollten vor allem das für die Camacho wichtige Corojo-Deckblatt stärker beeinflussen. Die Deckblatt-Versorgung in High-End-Premiumqualität wird von einer Handvoll Unternehmen kontrolliert, dem wollten wir mit dem Kauf eigener Felder entgegenwirken.

Wo soll Oettinger Davidoff in fünf Jahren stehen?
Das Unternehmen wird Innovationsleader sein, den Konsumenten weiterhin mit neuen Produkten überraschen und diese in allen relevanten Märkten anbieten. Zudem will ich den Eigentümern für ihre Treue und ihr Investment etwas zurückgeben.

Beat Hauenstein (51) wuchs in Basel auf. Er studierte Wirtschaftsinformatik und absolvierte danach den MBA an der HSG. Nach zwölf Jahren bei Coop und vier Jahren bei der Helvetia-Versicherung stiess er 2002 zu Oettinger Davidoff, zuerst als Informatik- und Technikchef, danach als Chief Operations Officer und seit letztem August als CEO. Beat Hauenstein ist verheiratet, hat vier Kinder und ist schon ein paar 1000 Mal mit dem Fallschirm aus einem Flugzeug gesprungen.

An seinem ersten Meet & Greet als CEO von Oettinger Davidoff präsentierte Beat Hauenstein nicht nur aktuelle Kennzahlen des Unternehmens, sondern skizzierte auch die Schwerpunkte seiner Strategie. 2017 produzierte Oettinger Davidoff 37,7 Millionen Zigarren (plus 2,4 Prozent gegenüber 2016). Der Jahresumsatz belief sich auf 501 Millionen Franken (minus ein Prozent gegenüber 2016). Der Umfang des globalen Markts für High-End-Premiumzigarren schätzt man bei Oettinger Davidoff auf rund 500 Millionen Zigarren pro Jahr. Demnach hielte das Unternehmen einen Marktanteil von zwischen sieben und acht Prozent. Neben stetigen Produktinnovationen erachtet Hauenstein ein «intelligentes Management» von gesetzlichen Regulationen als essenziell für das Familienunternehmen und setzt insgesamt auf eine fokussierte «Führung mit Herz». Dieses Jahr im Zentrum der Marketingaktivitäten steht das 50-Jahr-Jubiläum der ikonischen weissen Davidoff-Banderole. Gefeiert wird der runde Geburtstag unter anderem mit der Davidoff Diademas Finas, die im Juli streng limitiert und in vier unterschiedlichen Porzellankrügen in den Handel gelangt.

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